Re: Radikale Reiseverweigerer (Re: Gefakete Radreisen?

von: Anonym

Re: Radikale Reiseverweigerer (Re: Gefakete Radreisen? - 04.08.15 14:27

Hi(gh)!

In Antwort auf: veloträumer

In der arbeitenden Bevölkerung jenseits von Akademikern und Forumsteilnehmern ist das Verreisen aber gar nicht so populär, wie es durch Statistiken erstmal zu glauben sein mag. Zu meiner Post-Arbeitsphase habe ich viele Angestellte kennen gelernt, die Reisen des Verreisens willen nie in Betracht gezogen haben. Das galt auch für junge Kerle (Urlaub haben die z.B. für Fasnacht genommen.) Natürlich kamen sie weiter als 5 km vom Haus weg - etwa Verwandtenbesuche in Deutschland o.ä. Man sollte aber als Deutscher i.A. und als Radreisender i.S. nicht davon ausgehen, das Reisen einjeder gleichwohl als oberste Erfüllungsstufe des Lebens ansieht - nicht mal beim Reisevolk Nr. 1.


Mit solchen Durchschnittsmenschen (die ich mir farblos, banal und langweilig vorstelle, halt Fernsehen-Fußball-Bier, Essen-Schlafen-Geldverdienen, Spülen-Putzen-Aufräumen...) messe ich mich aber nicht! Meine Tragik ist, dass ich zwar qua Studium die Welt der gebildeten und weltläufigen Uppermiddleclass ansatzweise kennengelernt habe, dort aber wegen meiner psychischen und herkunftsbedingten Defizite (Arbeiterkind...) nicht heimisch werden konnte (es gibt zu dem Thema einen frühen Roman von Hermann Hesse, der mich sehr berührt hat: Peter Camenzind!)... und jetzt sitze ich mit Grundsicherung und Minirente in meinem Wohnklo, habe die wildesten Träume im Kopf und werde sie aller Wahrscheinlichkeit nach nie verwirklichen können! Das macht mich fertig!!!

In Antwort auf: veloträumer

Eine der interessantesten Erkenntnisse des Reisens ist ja die, dass die "authentischsten" Menschen die sind, die mit ihrer Heimat eng verwurzelt sind und noch nie in die Welt gezogen sind - z.B. der von der Sonne faltig gegerbte Bergbauer in einem abgeschiedenen Tal,


Alpen oder Kaukasus?

In Antwort auf: veloträumer

der alle (alten) Geschichten eines Ortes und seiner Besucher zu erzählen weiß - egal wieviel Fantasie er dabei benutzt.


Sozusagen ein real existierender Auenland-Hobbit!

In Antwort auf: veloträumer

Jeder (Welt)Reisende ist hingegen in seiner Identität aufgeweicht bis entwurzelt. Der Globetrotter in Reinkultur hat schließlich gar keine Heimatgefühle mehr. Jeder muss etwas aufgeben, um etwas anderes zu werden, um neue Wege zu beschreiten.


Da kann man sich auch vorstellen, dass das Reisen irgendwann in heillose Verzweiflung münden kann... und dann entweder geradewegs in den Hölderlinturm führt, oder heutzutage vielleicht auch in eine ganz enge, rigide religiöse Gemeinschaft, Geschlossene Brüdergemeinde oder sowas...

Bis bald im Khyberspace!

Yadgar

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