Re: Thema Berge auf der Tour

von: veloträumer

Re: Thema Berge auf der Tour - 19.09.16 12:52

In Antwort auf: JohnyW
In anderen Länder (z.B. in Jordanien) wird die Straße ohne Kurve gebaut. Der LKW beschleunigt auf 100 km/h bergab um dann die Kuppe gerade so im 1. Gang zu schaffen - sobald eine Steigung länger stellt man fest, dass dort auch das Konzept von Serpentinen bekannt ist.

Kenne ich andeutungsweise aus der Karibik, vor allem Grundstückszufahrten. Die geraden Stiche auf den Straßen sind aber bei genauer Betrachtung auch nicht so steil, wie gelegentlich beschrieben. Evtl. hat man auch nur ein Schaltunsgproblem, rechtzeitig runterzuschalten. Umgekehrt gibt es auch in den Alpen gerade Stiche und Pässe, viele Almzufahrten sind keineswegs klassische Serpentinenstraßen und manche Pässe trotz Kurven noch so steil, dass sie sogar kaum fahrbare Werte überschreiten. Mit meiner Betrachtung Mittelgebirge/Hochgebirge möchte ich mich aber auf Europa beschränken, Hoch- und Mittelgebirge außerhalb Europas sind ja dann auch wieder speziell, da fehlt hier auch möglicherweise die saubere Abgrenzung ebsno wie die genaue Kenntnis in statistisch relevanten Maßstab (nicht nur deswegen: Gleiches mit gleichem vergleichen, Haupt- und Nebenrouten unterscheiden etc.).

Entsprechende Straßenprofildaten im Vergleich kann ich auch nur für Europa für die von mir gefahrenen Gebirge ermitteln - und da gilt, die Straßen der Alpen und Pyrenäen sind sowohl im Schnitt als auch in der Spitze steiler als die in Vogesen, Schwarzwald, Odenwald, Pfälzer Wald, Schwäbische Alb, Rheinisches Schiefergebirge, Jura, Zentralmassiv, Apennin, Dinariden, Korsika (nehme ich als Mittelgebirge, weil es keine Hochgebirgspässe gibt, wohl aber Hochgebirgsberge) u.ä.m. Zumindest in den Spitzen sind die Alpen nochmal steiler als die Pyrenäen, im Schnitt kann ich es schwer sagen.

Eselskarren und Pferdefuhrwerke hatten es früher schwerer als heute: Viele Saumwege wurden im Laufe der Motorisierung entschärft. Die Leiden mit schwerem Gerät kann man besonders gut am Großen St. Bernhard verfolgen (Napoleons Militärzug über die Alpen), Säumertransport ist am Sölkpass gut dokumentiert - soweit mal außerhalb von Museen betrachtet. Huftiere können leichter ungleichmäßige Steigungsspitzen überwinden als als ein rollendes Rad kann, insbesondere, wenn von menschlicher Muskelkraft angetrieben. Teils wurden Lasten auf Saumwegen auch umgeladen auf Esel u.ä., weil Fuhrwerke nur bis zu bestimmten Punkt fahren konnten. Für das Umladen gab esw auch spezielle Handelsvölker, die davon lebten bzw. sich dafür Steurvorteile erwarben (z.B. die Walser). Hannibal ist mit Elefanten über Pässe, die heute allenfalls Hardcore-MTBer überwinden können, eher mit Tragepassagen (Hannibals Wege sind umstritten, wohl ist es aber nicht und insbesondere nicht nur der Mont-Cenis-Pass gewesen, der i.Ü. noch heute ein harter Straßenpass ist). Transporte gab es natürlich früher auch schon über und innerhalb der Mittelgebirge, die Vorgeschichte ist also ähnlich und braucht entsprechend ähnliche Übergänge - es ist also kein Exklusivargument für die hier dargebrachte Beschreibung in den Hochgebirgen.

Alm-Matten in den Alpen boten aber andere Bewirtschaftungsformen, die keine ausgebauten Transportwege brauchten. Die spätere Erschließung mit Straßen führt daher nicht selten über steile Rampen, weil dort gemäßigte Talanstiege gar nicht möglich sind. Weiters können einige Geländeformen in den Alpen (und immer etwas gemäßiger in den Pyrenäen) fast nur sprunghaft überwunden werden, was in Mittelgebirgen wesentlich seltener der Fall ist - selbst dort, wo es tiefe Schluchten gibt. Entsprechende Fahrwege sind daher auch entsprechend steil dort, gleichwohl gehören solche Straßen selten zu den großen Mainstream-Pässen.